Die Wolfswimper
in Bilder und Gedichte Wolfsromantick 18.10.2014 11:03von Karin Maurer • 234 Beiträge
Eine schöne Geschichte für einen gemütlichen Abend
Die Wolfswimpern Wenn Du nicht hinaus in den Wald gehst, wird nie etwas passieren, und dein Leben wird nie beginnen."Geh nicht hinaus in den Wald, geh nicht hinaus", sagten sie. "Warum nicht? Warum soll ich heute Nacht nicht hinaus in den Wald gehen?" fragte sie."Dort lebt ein großer Wolf, der Menschen wie dich auffrisst. Geh nicht hinaus in den Wald, geh nicht hinaus. Das ist kein Spass"Natürlich ging sie hinaus. Sie ging trotzdem hinaus in den Wald, und natürlich traf sie den Wolf, vor dem man sie gewarnt hatte."Da siehst du, wir haben dich gewarnt", triumphierten sie. "Das ist mein Leben, und kein Märchen, ihr Dummköpfe", sagte sie."Ich muß hinaus in den Wald gehen, und ich muß den Wolf treffen, oder mein Leben wird nie beginnen."Aber dem Wolf, dem sie begegnete, steckte in einer Falle, in einer Falle, in der die Pfote des Wolfs gefangen war."Hilf mir, so hilf mir doch! Auuuiii, auuuuiii, auuuuiiii!!!!" rief der Wolf."Hilf mir, so hilf mir doch!" rief er, "dann sollst du eine angemessene Belohnung bekommen."So verhalten sich nämlich Wölfe in einer Geschichte wie dieser."Woher soll ich wissen, daß du mir kein Leid zufügst?" fragte sie - denn es war ihre Rolle, Fragen zu stellen."Woher weiß ich das du mich nicht tötest und nur meine Knochen übrig lässt?" "Das ist die falsche Frage", sagte dieser Wolf."Du wirst mir eben glauben müssen." Und der Wolf fing wieder an zu schreien und zu heulen, mehr noch als zuvor."Oh, auuii! Auuuiiii! Auuiiii! Es gibt nur eine Frage, die zu stellen sich lohnt, schönes Mädchen, wooooo auiiiiiist die Seele?" "Okay, du Wolf du, ich riskier´s. Also dann los."
Und sie ließ die Falle aufschnappen, und der Wolf zog seine Pfote heraus, und sie verband sie ihm mit Kräutern und Gräsern. "Ach, dank dir liebes Mädchen, dank dir", seufzte der Wolf. Und weil sie zu viele von den falschen Geschichten gehört hatte, rief sie: "Also los jetzt, töte mich, bringen wir es hinter uns."
Doch nein, nichts dergleichen geschah. Statt dessen legte der Wolf die Pfote auf ihren Arm. "Ich bin ein Wolf aus einer anderen Zeit und von einem anderen Ort", sagte er. Und er zupfte sich eine Augenwimper aus, gab sie ihr und sagte: "Verwende sie und sei weise. Von nun an wirst du wissen, wer gut und wer weniger gut ist; schau mit meinen Augen, und du wirst klar sehen.
"Weil du mich am Leben ließest, lade ich Dich ein, in einer Weise zu leben wie nie zuvor. Vergiss nicht, es gibt nur eine Frage, die zu stellen sich lohnt, schönes Mädchen, woooo auiiiist die Seeeele?"
Und so ging sie zurück in ihr Dorf, glücklich noch am Leben zu sein. Und als sie diesmal sagten:"Bleib einfach hier und sei meine Braut", oder "Tu, was ich dir gesagt habe", oder "Sag, was ich will das du sagst und bleib so unbeschrieben wie am Tag, an dem du kamst", hielt sie die Wimper des Wolfs hoch und guckte hindurch und sah ihre Motive, so wie sie diese noch nie zuvor gesehen hatte.
Und beim nächsten Mal als der Metzger das Fleisch abwog, blickte sie durch die Wimper ihres des Wolfs und sah, daß er seinen Daumen mit wog. Und sie sah ihren Verehrer an, der sagte "Ich bin der Richtige für dich", und sie sah, daß ihr Verehrer für sie überhaupt nicht der Richtige war. Und auf diese Weise und noch andere wurde sie gerettet, nicht gerade vor allem, aber doch vor vielerlei Unglück.
Und mehr noch: Mit diesem neuen Sehen erkannte sie nicht nur die Verschlagenen und die Grausamen, ihr Herz wurde auch immer größer und größer, denn sie betrachtete jeden Menschen und sah ihn mit Hilfe der Gabe des Wolfes, den sie gerettet hatte, in einem helleren Licht.
Und sie sah diejenigen, die wirklich gutherzig waren, und ging hin zu ihnen,sie fand ihren Partner und blieb alle Tage ihres Lebens bei ihm,sie erkannte die Tapferen und kam zu ihnen,sie entdeckte die Aufrichtigen und schloß sich ihnen an,sie sah Verwirrung unter dem Zorn und eilte, sie zu lindern,sie sah Liebe in den Augen der Schüchternen und reichte ihnen die Hand,sie sah das Leid derer die die Zähne zusammenbissen, und warb um ihr Lachen,sie sah die Not des Mannes ohne Worte und sprach für ihn,sie sah den Glauben tief in der Frau, die sagte sie habe keinen, und entzündete ihn wieder an ihrem eigenen.Sie sah alle Dinge mit ihrer Wolfswimper,alle Dinge die wahr waren, und alle Dinge die falsch waren,alle Dinge die gegen das Leben gerichtet waren, und alle die dem Leben zugewandt waren,alle Dinge die nur durch die Augen dessen zu sehen sind, der das Herz mit dem Herzen abwägt und nicht nur mit dem Verstand.Und so lernte sie, daß es wahr ist, was sie sagen, daß der Wolf der Weiseste von allen ist.Wenn du genau hinhörst, dann stellt der Wolf mit seinem Geheul stets die richtige Frage - nicht, wo ist das nächste Essen, nicht wo ist der nächste Kampf, nicht, wo ist der nächste Tanz? -, sondern die wichtigste Frage um hinein und dahinter zu sehen, um den Wert von allem abzuwägen das lebt, woooo auiiist di seeeeelee? Wo ist die Seele?Geh hinaus in den Wald, geh hinaus. Wenn du nicht hinaus in den Wald gehst, wird nie etwas passieren und dein Leben wird nie beginnen. Geh hinaus in den Wald, geh hinaus...!
Von Clarissa Estes

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